Ausbildung lohnt sich!

Warum Azubis so wertvoll für Betriebe sind
Interview mit Handwerkskammer-Ausbilder Tim Schindel

Tim Schindel hat nach 28 Jahren Selbstständigkeit seinen Betrieb verkauft und bildet seitdem angehende Informationselektroniker bei der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein aus. Begeisterung zu entfachen und jungen Menschen eine sehr gute Ausbildung zu ermöglichen, treiben den 54-Jährigen Handwerksmeister an. Er will die Leidenschaft für seinen Beruf an die Azubis weitergeben – und Betriebe dazu ermutigen, mehr neue Fachkräfte auszubilden.

Vom Meister mit eigenem Betrieb zum Ausbilder bei der Handwerkskammer: Wie kam es, dass Sie sich zu diesem Wechsel entschlossen haben?

Ich arbeite sehr gerne mit jungen Menschen zusammen und finde es toll, mein Wissen weitergeben zu können. Das Strahlen in ihren Gesichtern zu sehen, wenn etwas geklappt hat, sie etwas gebaut und erfolgreich umgesetzt haben, ist für mich mehr wert als alles Geld der Welt.

Was mich immer wieder besonders bewegt, ist, dass man als Ausbilder einen echten Unterschied machen kann. Manchmal habe ich hier junge Leute, die es nicht immer leicht hatten auf ihrem Weg. Sie zu fördern, ist mir sehr wichtig. Oft sind sie nach nur wenigen Unterrichtstagen bei mir in der Handwerkskammer wie ausgewechselt. Denn sie haben dann verstanden, dass es ihr Leben ist, um das es geht, und dass sie mit der Ausbildung etwas Gutes anfangen können.

Warum würden Sie auch kleineren Betrieben dazu raten, sich für Auszubildende zu entscheiden?

Gerade kleinere Betriebe, die ausbilden, erhalten dadurch gute Fachkräfte, die ihr Unternehmen bereichern und nach vorne bringen. Wenn die Rahmenbedingungen, also die Stimmung, die Entlohnung, die Wertschätzung und die Kunden passen, dann bleiben die Azubis auch nach ihrer Ausbildung lange Zeit im Unternehmen. Dazu muss man ihnen aber etwas bieten.

Was ist Ihre Meinung zum Thema Fachkräftemangel?

Hierzu habe ich eine ganz klare Meinung: Es gibt in Deutschland keinen Fachkräftemangel. Es gibt nur einen Mangel an Betrieben, die ausbilden. Das finde ich schade, weil Informationselektroniker so ein spannender und vielseitiger Beruf ist. Er ist interessant und bietet sehr viele Weiterbildungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten. Wenn man die Trends der Zeit erkennt und am Ball bleibt, hat man hier unendliche Arbeitsmöglichkeiten.

Wie kann man junge Leute für die Ausbildung zum Informationselektroniker motivieren?

Für mich sind vor allem die Vielfalt der Aufgaben, die hervorragende Zukunftsperspektive und die Tatsache, dass es immer wieder Innovationen gibt, motivierende Aspekte. Auch das Finden von Lösungen sowie Kunden und sich selbst mit der Technik zu begeistern. Es ist einfach toll, wenn man zum Beispiel eine neue SAT-Anlage baut und sie richtig gut funktioniert. Der Beruf wird nie langweilig, denn es kommen immer wieder neue Technologien und Lösungen dazu.

Was gibt es zu beachten, wenn man Ausbildungsbetrieb werden will?

Wichtig für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf sind aus meiner Sicht vor allem eine ordentliche Betriebsführung, ein gutes Betriebsklima und zu wissen, wie man mit jungen Menschen umgehen muss. Auch sollte man sich zum Ziel setzen, den Auszubildenden die Technik wirklich perfekt beizubringen. Bei der Vermittlung von neuem Wissen muss man rhetorisch geschickt und nach Plan vorgehen. Teilweise ist es notwendig, am Basiswissen im Rechnen und in Rechtschreibung nachzuarbeiten. Aber die Begeisterung unter den jungen Leuten ist hoch und es ist möglich, bei ihnen echte Leidenschaft für den Beruf zu entfachen.

Wie beurteilen Sie die Lehrpläne in den Berufsschulen – werden die Azubis auf alles Wichtige vorbereitet?

Die Lehrpläne sind oft stark auf die Abschlussprüfung zugeschnitten, weniger auf den tatsächlichen Beruf. Mit der Folge, dass zu wenig und zu einseitiges Wissen vermittelt wird. Das Schulbuch für unseren Berufszweig hat 300 Seiten, die Schüler bekommen aber meist nur erklärt, was für die Prüfung wichtig ist, das sind nur rund 40 Seiten.

Wir haben einen Ausbildungsrahmenplan, der eigentlich sehr gut ist. Er wird von den Berufsschulen aber nicht konsequent umgesetzt. Die Ausbildungsbetriebe müssen den Rest machen. Wenn sie das nicht schaffen, müssen die Azubis proaktiv ran. Ich rate ihnen immer dazu, ihr wirklich gutes Schulbuch einmal komplett durchzuarbeiten.

Ist Satellitentechnik Teil des Lehrplans?

Ja. Dazu gehören die verschiedensten Lösungen von der einfachen Einzelanlage über solche für Mehrfamilienhäuser bis hin zu Lösungen für SAT-/IP beziehungsweise Umsetzeranlagen/Kopfstellen. Der Anteil im Gesamtlehrplan ist groß genug – weil viel gestreamt wird, werden weniger Antennenanlagen gebaut.  

Wie werden Azubis auf neue Technologien wie Glasfaser + SAT-Technik vorbereitet?

In den Ausbildungsbetrieben geschieht das, indem sie mit den verschiedenen Anforderungen der Kunden sowie unterschiedlichen Gegebenheiten in Gebäuden und den zugehörigen praktischen Umsetzungsmöglichkeiten konfrontiert werden. Was die Schule betrifft, sind die Lehrkräfte mit Hilfe der Bücher gefragt. Bei der Handwerkskammer leisten das die überbetrieblichen Lehrlingsunterweisungen (ÜLUs, bis zu zehn Wochen im Jahr) in bis zu fünf verschiedenen Elektroniker-Berufen, die dann fachspezifisch auf ein bestimmtes Thema zugeschnitten sind, zum Beispiel Empfangstechniken, Antennentechnik, Streaming-Möglichkeiten oder der Aufbau von Kommunikations- und Datennetzen.

Wie die Azubis auf neue Technologien vorbereitet sind, hängt jedoch stark davon ab, wie gut ihre Ausbilder sind, und natürlich auch davon, wie hoch die Motivation der jungen Leute ist. Der vorgesehene Ausbildungsrahmen bietet jedenfalls die besten Voraussetzungen dafür.  

 

Ausbildung lohnt sich!

 

Informationselektroniker: 
Ausbildung und Rolle der Handwerkskammer

Die Ausbildung als Informationselektroniker dauert in der Regel 3,5 Jahre und findet sowohl im Ausbildungsbetrieb als auch der Berufsschule statt. Hinzu kommen weiterführende Kurse in überbetrieblichen Ausbildungsstätten wie den Handwerkskammern, die im Rahmen der sogenannten „ÜLUs“ (Überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen) unabhängig vom Schwerpunkt des Ausbildungsbetriebes alle Ausbildungsinhalte intensiv und in der vollen Breite und Tiefe lehren.

Zum 1. August 2021 wurden die unterschiedlichen Elektroniker-Ausbildungen zusammengelegt, um mit der schnellen technischen Entwicklung mithalten zu können und eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen. Je nach Schwerpunkt ihres Ausbildungsbetriebs spezialisieren sich die Azubis dann auf einen der folgenden Bereiche:

  • Geräte-, IT- und Bürosystemtechnik
  • Sende-, Empfangs- und Breitbandtechnik
  • Brandschutz- und Gefahrenmeldeanlagen oder
  • Telekommunikationstechnik